Dank der großzügigen Unterstützung mehrerer Förderer ist auf der diesjährigen Sommerauktion bei Grisebach in Berlin eine herausragende Erwerbung für das Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) gelungen. Zur Sammlung gehören nun elf Scherenschnitte des berühmten norddeutschen Romantikers Philipp Otto Runge (1777–1810). Runge hatte sie der eng befreundeten und für die Hamburger Kunstszene der Zeit bedeutenden Familie Johannes Michael Speckter (1764–1845) geschenkt.
Anlässlich der Auktion kam ein Bestand an Werken der Brüder Erwin und Otto Speckter und ihrer Künstlerfreunde zum Verkauf. Die dazugehörigen Scherenschnitte sind dabei so erhalten, wie Runge sie einst übergeben hatte: Während man sonst die Arbeiten meist später aufgeklebt hat, wurden sie hier lose zwischen Pappkartonbögen gelegt. Durch diese «Beweglichkeit» bleibt der lebendige Charakter der kleinen Papierobjekte besser erfahrbar.
Runges Scherenschnitte lassen sich gleichsam als Grundbaustein seines Bilddenkens beschreiben. Der Künstler geht der Schönheit der Pflanzen in ihren vielfältigen Formen nach und verfolgt dabei die Architektur ihrer organischen Bildungsgesetze. Ausgehend von exakter Naturbeobachtung unterwirft der Scherenschnitt die Naturform einem Abstraktionsprozess. Die Pflanze als Grundbaustein der Natur wird bei Runge zum Gleichnis eines göttlichen Schöpfungsplanes.
Abbildung:
Philipp Otto Runge, Rosenzweig. Erworben mit Hilfe der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Hermann Reemtsma Stiftung, der Rudolf-August-Oetker-Stiftung und den Freunden des Kupferstich-Kabinetts Dresden e.V. © Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Grisebach GmbH