Ein Nachruf von Sebastian Eichenberg
Glück und Verstand – Minutenlektüren von Johann Peter Hebel lautet der Titel eines kleinen Büchleins, welches uns Hansgeorg Schmidt-Bergmann am 3. Juni 2018 auf der Jahrestagung in Freiburg beim Festabend schenkte. Es war ursprünglich eine Jahresgabe der Literarischen Gesellschaft/Scheffelbund 2010, welche Schmidt-Bergmann zusammen mit Franz Littmann bei Hoffmann und Campe herausgegeben und mit einem Nachwort versehen hat.
Dort heißt es: «Die Auswahl des vorliegenden Bandes versucht eine Antwort abseits der heute überlebten konventionellen Denkweisen. Mit Verstand glücklich werden hieß ja für Hebel […] nichts anderes als die Kunst, die Lebenskräfte durch eine Vergegenwärtigung des Todes zu stärken. Gleichberechtigt neben der ‹ars moriendi› findet der Leser zahlreiche Aufforderungen zur ‹ars vivendi›, deren Horizont die Gelassenheit und die Zufriedenheit mit sich und der Welt bilden.» Laut Hebel muss man beides können: Sich um die Zukunft sorgen, als auch sorglos in der Gegenwart leben, und – das Wichtigste dabei – seinen Humor und seine Heiterkeit nicht verlieren. Es allen recht zu machen, kann nicht gelingen.
Wenn Hansgeorg Schmidt-Bergmann seine Ehefrau, unsere Erste Vorsitzende Dr. Annette Ludwig, jährlich zu den Jahrestagungen begleitete, konnte man genau dieses Motto immer wieder bei ihm erleben. Gespräche, ernst in der Thematik, waren nie zynisch. Humorvolle Stunden wurden nie zum Unsinn. Es schien so, als ob Hansgeorg Schmidt-Bergmann genau diese, eigentlich recht schwierige Art der «Lebenskunst», nämlich mit Hilfe des Verstandes glücklich werden, durchdrungen hatte. Eine im wahrsten Sinne des Wortes logische Sache, wenn man dabei sein umfangreiches literarisches Wissen und seine Erfahrungen als kluger Analytiker in der Literaturwissenschaft berücksichtigt. Seine Teilnahmen waren stets eine große Bereicherung für die Tagungen.
Doch beim näheren Kennenlernen offenbarte sich die Symbiose zwischen Verstand und vor allem Herz. Wenn er etwas fragte, tat er dies nicht aus Gefälligkeit, sondern weil es ihn wirklich interessierte. Seine Ratschläge und Anmerkungen waren nicht belehrend, sondern immer Angebote, seine Ansichten und Erfahrungen in die persönlichen Überlegungen mit einzubeziehen. Dabei blieb er stets empathisch, offen und nahbar. Mit dieser Art hat er damit den Kreis der Lebenskunst ganz im Sinne Hebels geschlossen. Dieses Beispiel an «ars vivendi», die vielen klugen, schönen und empathischen Gespräche werden fehlen.
Am 3. September 2025 ist Hansgeorg Schmidt-Bergmann nun im Alter von 69 Jahren für alle überraschend in Weimar gestorben. Unser Mitgefühl gilt unserer Ersten Vorsitzenden Frau Dr. Annette Ludwig sowie der gesamten Familie.
Foto: Andrea Fabry (mit freundlicher Genehmigung der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe)